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Hans Christian Andersen – Collagen | Scherenschnitte | Zeichnungen
Hans Christian Andersen – ein Däne und ein Europäer. Seine Märchen konnte er nur in Dänemark schreiben, aber gelesen und erzählt werden sie weltweit. Schloss Corvey und Märchenland, als Deutsches Zentrum für Märchenkultur, widmen sich in diesem Jahr dem vielfältigen künstlerischen Schaffen dieses großen Mannes. Das gemeinsame Ziel ist es, Hans Christian Andersen nicht nur als Märchendichter zu präsentieren, sondern auch seine unbekannten Seiten vorzustellen.
Andersen war ein universeller Kunstschaffender und Lebenskünstler. Mit seinen Märchen wurde er berühmt, er war aber Zeit seines Lebens auch bildender Künstler. Er vereinte in sich viele Talente und schuf neben seinen Schriften kontinuierlich Zeichnungen, Collagen, Bilderbücher und Scherenschnitte. Andersens bildnerische Vielfalt und seine kreative Ungezwungenheit im Umgang mit Kunst werden in unserer Ausstellung präsentiert. Sie enthält eine Reihe der schönsten und ausdrucksvollsten Scherenschnitte, Bilderbücher, Zeichnungen und Collagen aus dem schöpferischen Fundus Andersens.
Die Sammlung wurde im Zuge des Jubiläumsjahres 2005 anlässlich des 200. Geburtstages des Künstlers zusammengestellt. Wir danken daher dem Museum Odense, der Königlich Dänischen Botschaft in Berlin sowie dem Hans Christian Andersen-Fonds 2005, die durch Ihre freundliche Unterstützung diese Ausstellung ermöglicht haben.
Im Oktober 2005 folgten „Die Galoschen des Glücks“ den Spuren Hans Christian Andersens. Ein märchenhaftes Tourneeprogramm fand in verschiedenen Städten Deutschlands, die Andersen auf seinen Reisen besuchte, statt. Den krönenden Abschluss der Tournee und des weltweit gefeierten Hans Christian Andersen Jahres, bildeten die 16. BERLINER MÄRCHENTAGE vom 03. bis 13.11.2005 in Berlin. Nach Berlin führte seine erste Auslandsreise, hier wurde sein Weltrum begründet. Andersens Oevre wurde in allen erdenklichen Kunstgattungen, Colloquien sowie in Ausstellungen präsentiert.
„Das Leben ist das schönste Märchen, denn darin kommen wir selber vor.“
Hans Christian Andersen wurde am 2. April 1805 in Odense auf Fünen in Dänemark geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen, als Sohn eines Schuhmachers und einer Waschfrau auf. Er träumte davon, am Königlichen Theater in Kopenhagen berühmt zu werden und brach 1819 als Vierzehnjähriger in die Hauptstadt auf. Mit einer besonderen Mischung aus Naivität, Selbstbewusstsein und Hartnäckigkeit verschaffte er sich Zugang zu einer Reihe einflussreicher Kopenhagener Familien, denen er seine Gedichte vortrug, Passagen aus Opern rezitierte und tanzte. Sie unterstützten das junge, mittellose Talent finanziell und sorgten dafür, dass er eine ordentliche Schulbildung bekam. Sein Leben wurde von Reisen durch ganz Europa geprägt – er war monatelang unterwegs in Deutschland, Südeuropa, Frankreich, England und Skandinavien und gelangte sogar nach Nordafrika und in die Türkei. Sein Leben und Werk waren besonders von der künstlerischen und persönlichen Verbundenheit zu Deutschland – seinem sogenannten „zweiten Vaterland“ – geprägt.
Die erste Auslandsreise im Jahre 1831 war eine Entdeckungsreise durch das Deutschland der Romantik. Im Verlauf dieser Reise besuchte er Berlin und Dresden, wo er vom großen Romantiker Ludwig Tieck den „Dichterkuss“ bekam. Der große Dichter küsste Andersen zum Abschied auf die Stirn und ermutigte ihn damit, den Weg der Poesie weiter zu verfolgen. Andersens mehrfache Aufenthalte in Deutschland der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts machten ihn schnell bekannt. Er knüpfte Kontakte und schloss Bekanntschaften mit berühmten Persönlichkeiten, Denkern und Dichtern. Er traf Adelbert von Chamisso, der ihn in Berlin in die literarische Gesellschaft einführte sowie den Philosophen Friedrich W. Schelling, Bettina von Arnim, die Brüder Grimm und Alexander von Humboldt.
DIE PRINZESSIN AUF DER ERBSE
Kunstmärchen, H. C. Andersen, um 1835-1837Es war einmal ein Prinz, der wollte eine Prinzessin heiraten. Aber das sollte eine wirkliche Prinzessin sein. Da reiste er in der ganzen Welt herum, um eine solche zu finden, aber überall fehlte etwas. Prinzessinnen gab es genug, aber ob es wirkliche Prinzessinnen waren, konnte er nie herausfinden. Immer war da etwas, was nicht ganz in Ordnung war. Da kam er wieder nach Hause und war ganz traurig, denn er wollte doch gern eine wirkliche Prinzessin haben.
Eines Abends zog ein furchtbares Wetter auf; es blitzte und donnerte, der Regen stürzte herab, und es war ganz entsetzlich. Da klopfte es an das Stadttor, und der alte König ging hin, um aufzumachen. Es war eine Prinzessin, die draußen vor dem Tor stand. Aber wie sah sie vom Regen und dem bösen Wetter aus! Das Wasser lief ihr von den Haaren und Kleidern herab, lief in die Schnäbel der Schuhe hinein und zum Absatz wieder hinaus. Sie sagte, dass sie eine wirkliche Prinzessin wäre.
„Ja, das werden wir schon erfahren!“, dachte die alte Königin, aber sie sagte nichts, ging in die Schlafkammer hinein, nahm alles Bettzeug ab und legte eine Erbse auf den Boden der Bettstelle. Dann nahm sie zwanzig Matratzen, legte sie auf die Erbse und dann noch zwanzig Eiderdaunendecken oben auf die Matratzen. Hier sollte nun die Prinzessin die ganze Nacht über liegen.
Am Morgen wurde sie gefragt, wie sie geschlafen hätte. „Oh, entsetzlich schlecht!“, sagte die Prinzessin. „Ich habe fast die ganze Nacht kein Auge geschlossen! Gott weiß, was in meinem Bett gewesen ist. Ich habe auf etwas Hartem gelegen, so dass ich am ganzen Körper ganz braun und blau bin! Es ist ganz entsetzlich!“ Daran konnte man sehen, dass sie eine wirkliche Prinzessin war, da sie durch die zwanzig Matratzen und die zwanzig Eiderdaunendecken die Erbse gespürt hatte. So feinfühlig konnte niemand sein außer einer echten Prinzessin.
Da nahm sie der Prinz zur Frau, denn nun wusste er, dass er eine wirkliche Prinzessin gefunden hatte. Und die Erbse kam auf die Kunstkammer, wo sie noch zu sehen ist, wenn sie niemand gestohlen hat. – Seht, das war eine wirkliche Geschichte!